Vom Risikomanagement hin zur Innovationschance: Nachhaltigkeit in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft
Vielleicht ist es ja eine typische deutsche Verhaltensweise, dass im Zusammenhang mit der Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie der EU, dem Green Deal, hier zu Lande fast ausschließlich negativ konnotierte Begriffe wie Risiko, gesetzlicher Zwang oder steigende Prüfungsanforderungen und Bürokratiemonster verwendet werden. Dabei ist eigentlich das Gegenteil das Ziel dieser fein aufeinander abgestimmten Gesetzespakete: Unternehmen sollen erkennen, dass ein systematisches, an den Erkenntnissen über ein nachhaltiges Wirtschaften orientiertes Hinterfragen ihrer Wertschöpfungsketten, jede Menge Chancen für die Weiterentwicklung ihrer Organisation bietet.
Inhaltsverzeichnis
Veränderungen lediglich als Risiken für das eigene Geschäftsmodell oder Produktportfolio zu betrachten, ist daher insofern problematisch, als dass es uns in einem bewahrenden Mind-Set verharren lässt, in dem es vor allem darum geht, Schaden für Bestehendes abzuwenden, es zu schützen. Veränderungen gehen jedoch auch immer mit Chancen einher – Chancen, neue Perspektiven zu gewinnen, Bestehendes zu überdenken und Dinge künftig gezielt anders zu machen. Mit Blick auf Geschäftsmodelle und Produktportfolios in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft ist die soziale Nachhaltigkeit häufig die kleinere Baustelle. Nehmen wir nun den Aspekt der ökologischen Nachhaltigkeit hinzu, wird die Sache schon komplizierter.
Erster Schritt: Die Wesentlichkeitsanalyse
In unserer Beratungspraxis erleben wir immer wieder, dass viele Unternehmensleitungen sehr wohl das Thema Nachhaltigkeit weit oben auf ihre Agenda gesetzt haben, sich aber damit überfordert fühlen, den richtigen Einstieg zu finden. Denn: „irgendwie hat ja alles mit Nachhaltigkeit zu tun!” Also: „Womit fange ich an? Muss ich meinen kompletten Fuhrpark umstellen, regenerative Energien selbst erzeugen und biologisches Essen ausgeben? Bin ich dann nachhaltig? Aber was habe ich dann eigentlich gegen den Hunger in der Welt und für das Leben unter Wasser getan?”
Eine erprobte systematische Herangehensweise hilft, das Nachhaltigkeitsengagement eines Unternehmens in eine Nachhaltigkeitsstrategie zu überführen, die sich auf die Nachhaltigkeitsaspekte konzentriert, auf die das Unternehmen durch sein Geschäftsmodell wesentlich einwirken kann (inside – out - Perspektive) und denen es wesentlich ausgesetzt ist (outside - in – Perspektive). Diese Herangehensweise nennt sich daher „Wesentlichkeitsanalyse”. Je intensiver und partizipativer, z. B. durch eine breite Einbindung der Stakeholder und Mitarbeitenden eines Unternehmens, dieser Analyseprozess aufgesetzt und betrieben wird, desto höher ist die Qualität der Ergebnisse. Denn die Ergebnisse dieser Analyse bilden die Grundlage für spätere Innovationen in der Strategieumsetzung.
Zweiter Schritt: Geschäftsmodelle und Produktportfolio bewerten
Weiß ich, mit welchen sozialen und ökologischen Nachhaltigkeitsaspekten sich meine Organisation primär auseinandersetzen will und muss, lässt sich anhand von Business Model Canvas für die verschiedenen Geschäftsmodelle der Organisation sehr gut bewerten, wo genau Nachhaltigkeitsstärken und -schwächen in den Geschäftsmodellen liegen. Für das Produktportfolio bietet es sich an, die verschiedenen Produkte mit Hinblick auf die ausgewählten Nachhaltigkeitsaspekte zu bewerten und sie in Produkte bzw. Dienstleistungen ohne und mit Nachhaltigkeitsbedenken einzuordnen. Für eine belastbare Einordnung lohnt es sich, sowohl interne als auch externe Perspektiven, etwa von Kund:innen, Geschäftspartner:innen und anderen Stakeholdern, einzubeziehen.
Dritter Schritt: Lösungen entwickeln
Ist definiert, an welcher Stelle im Geschäftsmodell oder Produktportfolio konkret neue Lösungsansätze benötigt werden, geht es daran, diese zu entwickeln. Hierfür lohnt sich ein Blick in den agilen Methodenkasten. Methoden wie Design Thinking und Lean-Business Model Canvas bieten eine Fülle an Tools. Sie ermöglichen es, nutzer:innenzentrierte Lösungen zu entwickeln, die die relevanten Nachhaltigkeitsaspekte systematisch integrieren und passgenau auf den Kontext abgestimmt sind, in dem sie künftig genutzt werden sollen.
Vierter Schritt: Lösungsideen bewerten und priorisieren
Typischerweise entstehen in so einem Innovationsprozess viele verschiedene Ideen. Daher sollte zum Abschluss, bevor die Ideen in die Umsetzung gehen, etwa mit Hilfe einer Hotlist eine Bewertung und Priorisierung hinsichtlich der Umsetzbarkeit sowie der erwarteten Wirkung der Ideen vorgenommen werden.
Haben Sie Interesse am Thema bekommen? Dann empfehlen wir Ihnen vertiefend den Workshop „Weiterentwicklung eines nachhaltigen Produktportfolios“, der regelmäßig im Change Hub in Berlin angeboten wird. Der nächste Termin ist am 25.05.2023 – melden Sie sich jetzt an!
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