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Unternehmen gestalten Zukunft: Werte als Treiber nachhaltigen Handelns

12. Dezember 2025

Podiumsdiskussion auf dem LebensWert-Treff 2025

Beim LebensWert-Treff hielt Prof. Dr. Katharina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft BNW e.V., eine Keynote unter dem Titel: “Purpose Economy – Haltung und Werteorientierung als Treiber zukunftsfähigen Wirtschaftens”. Im Interview mit der EB erläutert sie, wie eng Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit verzahnt sind und welchen Einfluss die Haltung von Unternehmen auf gesellschaftlichen Zusammenhalt hat.

Frau Prof. Reuter, vor welchen Herausforderungen steht die Wirtschaft aktuell? Und was hat das mit Nachhaltigkeit zu tun?

Katharina Reuter: Die Wirtschaft steht aktuell vor einer Vielzahl an Herausforderungen: Planetare Grenzen, geopolitische Spannungen, Lieferkettenrisiken, Fachkräftemangel, Extremwetter – um nur einige zu nennen. Dabei handelt es sich um strukturelle Probleme und wir können nicht damit rechnen, dass diese bald verschwinden. Wir steuern nicht durch eine einzelne Krise, sondern leben in einer Welt multipler Dauerkrisen. Auch deswegen haben in vielen Unternehmen im Moment die Begriffe „Wettbewerbsfähigkeit“ und „Innovationskraft“ einen ganz hohen Stellenwert. Worte wie „Klimaschutz“ und „Nachhaltigkeit“ wurden eher gestrichen. 

Was dabei jedoch außer Acht gelassen wird, ist, wie eng Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit zusammenhängen. Denn Nachhaltigkeit ist eine notwendige Antwort auf reale Risikolagen. Sieben der neun planetaren Grenzen sind bereits überschritten. Wer diese Grenzen ignoriert, manövriert ohne Karte. In Diskussionen entsteht oft der Eindruck, Klimaschutz stehe im Widerspruch zur Wettbewerbsfähigkeit. Aber jedes Wirtschaften hängt vom Naturkapital ab. Nachhaltigkeit stärkt also die Wettbewerbsfähigkeit, weil sie Verwundbarkeiten reduziert.

Warum hören wir so wenig über diese positiven Seiten der Transformation? 

Katharina Reuter: Der Wandel bringt zweifellos Herausforderungen und nicht nur Gewinner hervor, denn Transformationsprozesse sind oft mit Schmerzen verbunden. Dennoch zeigen die Zahlen ein klares Bild: 82 Prozent der Unternehmen berichten, dass sie bereits von der Transformation profitiert haben. Die Gründe sind vielfältig: bessere Verkaufschancen für nachhaltige Produkte, effizientere Ressourcennutzung oder Kosteneinsparungen durch Optimierungsmaßnahmen.

Die positiven Effekte sind also real und messbar. Trotzdem finden sie kaum ihren Weg in die Schlagzeilen. Warum? Meine These: Die vernünftige Mitte der Wirtschaft ist schlicht zu leise. Sie ist nicht damit beschäftigt, lautstark Debatten zu führen, sondern mit der Umsetzung – und genau dort passiert der Fortschritt.

Welche Rolle spielen Haltung und Werte bei der nachhaltigen Transformation? 

Katharina Reuter: Haltung und Werte sind das Fundament einer zukunftsfähigen Wirtschaft. In Zeiten von Transformation brauchen Unternehmen mehr als Prozesse und Strategien – sie benötigen eine stabile Führungsarchitektur, die Orientierung gibt und Zugehörigkeit schafft. Werte sind dabei kein „nice to have“, sondern betriebsnotwendig. Sie stärken die Resilienz der Wirtschaft und fördern den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dieser entsteht dort, wo Werte tatsächlich gelebt werden und nicht nur im Leitbild stehen. 

Haltung bedeutet, klar zu benennen, wofür ein Unternehmen steht, und diese Überzeugungen im Führungsverhalten, in der Personalentwicklung und in Entscheidungen sichtbar zu machen. Gelebte Werte reduzieren Komplexität, geben Sicherheit und schaffen ein Miteinander, dass Innovation und nachhaltigen Erfolg ermöglicht. Gegenseitige Unterstützung ist der soziale Kit unserer Gesellschaft – und der Schlüssel für eine Wirtschaft, die Zukunft gestaltet.

Prof. Dr. Katharina Reuter

Prof. Dr. Katharina Reuter

Interview auf dem LebensWert-Treff 2025

LebensWert-Treff • Länge: 02:00

Prof. Dr. Katharina Reuter

Interview auf dem LebensWert-Treff 2025

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Prof. Dr. Katharina Reuter

Prof. Dr. Katharina Reuter

Interview auf dem LebensWert-Treff 2025

LebensWert-Treff • Länge: 02:00

Also würden Sie sagen, dass auch Unternehmen Verantwortung tragen, für diese Werte einzutreten?  

Katharina Reuter: Auf jeden Fall! Das Edelmann Trust Barometer aus dem Jahr 2024 zeigt erneut, dass Unternehmen den Menschen immer mehr als Orientierung dienen und von den meisten Menschen als kompetenter und vertrauenswürdiger eingestuft werden als die Regierung. 

Darüber hinaus zeigen Studien zum Thema Arbeitgeberattraktivität, dass junge Menschen ihre Arbeitgeber:innen auch danach aussuchen, ob dessen Werte mit ihren eigenen übereinstimmen. Sinn, Orientierung und gelebte Werte sind für sie entscheidend. Fehlen diese, sind viele sogar bereit, den Job wieder aufzugeben.

Aus diesem Vertrauen der Menschen erwächst eine wahnsinnig große Verantwortung für Unternehmen: Sie müssen einerseits Stellung zu gesellschaftspolitischen Themen beziehen, aber auch das eigene Engagement zu überprüfen – die so genannte Corporate Political Responsibility. Corporate Political Responsibility kann dazu beitragen, die Geschäftswelt ethischer und sozial verantwortlicher zu gestalten. Unternehmen haben die Macht, positive Veränderungen in der Gesellschaft herbeizuführen. 

Was macht Ihnen persönlich Mut, die Transformation anzugehen? 

Katharina Reuter: Mut macht mir, dass Transformation nicht durch Appelle gelingt, sondern durch gemeinsames Handeln. Veranstaltungen wie der LebensWert-Treff zeigen, wie wir schwierige Themen offen ansprechen und gestärkt gemeinsam Lösungen entwickeln. Dabei geben uns unsere Werte Halt und Richtung. 

Zusätzlich motiviert mich meine Arbeit im Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e. V. Dort machen wir sichtbar, dass Unternehmen branchenübergreifend nachhaltige Technologien und Lösungen entwickeln – mit dem klaren Bekenntnis, Wirtschaft, Umwelt und Soziales zusammenzudenken. Unter dem Begriff „Wertschaften“ vereinen unsere 700 Mitglieder Haltung und Innovationskraft. Diese Lösungsbereitschaft macht mich optimistisch, dass wir die Transformation meistern werden.

Vielen Dank für das Interview, Frau Reuter.  

Welche Rolle Werte und Haltung in Unternehmen haben, und wie das in Zeiten von Fachkräftemangel zur Arbeitgeberattraktivität beiträgt, diskutiert auch der Vorsitzende des Vorstandes der Evangelischen Bank, Thomas Katzenmayer, in der neuen Podcast-Folge von „Ermutigende Blickwinkel“ – dem Podcast zur nachhaltigen Transformation. 

Jetzt reinhören: www.eb.de/podcast