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Sozialbranche braucht andere Refinanzierungsmechanismen

27.06.2025

Blick auf ein Gebäude oder eine Einrichtung  zum Thema Sozialbranche

Die Evangelische Bank (EB) und die Diakonie Deutschland haben einen Appell an die neue Bundesregierung gerichtet. Sie fordern eine Reform der Refinanzierungsmechanismen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft, damit in der Branche mehr in nachhaltige Projekte investiert werden kann. Was dahinter steckt, erläutert Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands der EB.

Was ist der Hintergrund Ihres Aufrufs?

Katzenmayer: Mit einem Anteil von etwa fünf Prozent an den CO2-Emissionen in Deutschland könnte die Gesundheits- und Sozialwirtschaft signifikant zur Treibhausgasreduktion beitragen. Dazu braucht es aber Unterstützung, insbesondere bei der Finanzierung nachhaltiger Projekte wie energetischen Sanierungen oder effizienteren Heizsystemen. Aktuell setzen die Refinanzierungsmechanismen in der Sozialwirtschaft oft falsche Anreize, was dringend reformiert werden muss.

Was genau läuft derzeit falsch?

Katzenmayer: Aus Sicht der Träger von sozialen Einrichtungen gelten Investitionen in Nachhaltigkeitsprojekte häufig als „nicht wirtschaftlich“ oder „nicht betriebsnotwendig“. Das führt dazu, dass solche Investitionen zurückgestellt werden, obwohl sie mittel- und langfristig sowohl ökonomisch als auch ökologisch sinnvoll wären. In anderen Branchen ist längst anerkannt, dass Nachhaltigkeit in überschaubarer Zeit zu Kosteneinsparungen, erhöhter Wettbewerbsfähigkeit und einem positiven gesellschaftlichen Beitrag führen kann. Diese Chancen bleiben der Sozialwirtschaft aufgrund des aktuellen Finanzierungsmodells jedoch verwehrt.

Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands der Evangelischen Bank
Thomas Katzenmayer, Vorsitzender des Vorstands der Evangelischen Bank

Welche Konsequenzen hat das für soziale Einrichtungen?

Katzenmayer: Die Einrichtungen stehen zurzeit vor der epochalen Herausforderung, ihre Mission in einer sich verändernden Welt zu erfüllen und gleichzeitig nachhaltiger zu wirtschaften. Ohne angemessene finanzielle Unterstützung können viele diese Aufgabe nicht stemmen. Das bedeutet nicht nur eine verpasste Chance im Kampf gegen den Klimawandel, sondern auch, dass die Attraktivität der Branche als Arbeitgeber darunter leidet.

Welche Lösungen schlagen Sie vor?

Katzenmayer: Gemeinsam mit der Diakonie Deutschland fordern wir gezielte Förderprogramme für nachhaltige Investitionen in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft. Zudem brauchen wir steuerliche Anreize, die nachhaltiges Wirtschaften belohnen, sowie eine Verankerung des Nachhaltigkeitsziels im Sozialrecht. Wichtig ist auch eine grundlegende Reform der Refinanzierungsmechanismen, damit soziale Einrichtungen die Mittel für notwendige Investitionen erhalten bzw. zurückerstattet bekommen.

Glauben Sie, dass die Branche Vorreiter im Klimaschutz werden kann?

Katzenmayer: Absolut. Mit den richtigen Rahmenbedingungen hat die Gesundheits- und Sozialwirtschaft das Potenzial, eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Nachhaltige Investitionen könnten nicht nur die Klimabilanz verbessern, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität der Einrichtungen stärken und die Attraktivität der Branche als Arbeitgeber erhöhen. Das alles trägt dazu bei, eine der wichtigsten Branchen unserer Gesellschaft zukunftsfähig aufzustellen.

Hier gelangen Sie zur Pressemitteilung des gemeinsamen Appells der Evangelischen Bank und der Diakonie Deutschland