Die Megatrends der Gesundheits- und Sozialwirtschaft
Wer sich wissenschaftlich mit der Zukunft beschäftigt, kommt irgendwann an der Trendforschung vorbei. Diese kann wichtige Erkenntnisse auch für die Gesundheits- und Sozialwirtschaft liefern. Das Zukunftsinstitut hat für die Branche zwei Megatrends identifiziert, die in den kommenden Jahren besonders prägend sein werden: Konnektivität und Neo-Ökologie. Was es damit auf sich hat, erläuterte Zukunftsforscherin Corinna Mühlhausen beim LebensWert-Treff der Evangelischen Bank.
Bereits im Jahr 2007 identifizierte das Zukunftsinstitut die Konnektivität als einen der deutlichsten und virulentesten Megatrends. Der Grundgedanke: Im Kontext der Digitalisierung verbindet sich alles – in Echtzeit. Dazu gehören Wissen und Information, Menschen und Lebensstile, Kulturen und Nationen sowie Produktionsprozesse und Maschinen. „Konnektivität hat das Potenzial, auch das Gesundheitssystem grundlegend zu verändern“, sagt Corinna Mühlhausen. Denn dieser Megatrend verändere die Art und Weise, wie Dienstleistungen erbracht, Informationen ausgetauscht und Interaktionen zwischen Akteur:innen gestaltet werden.
Lösungen für akute Probleme unserer Zeit
„Telemedizin, die elektronische Patientenakte und die vermehrte Verwendung von Künstlicher Intelligenz sind nur einige der neuen Möglichkeiten, die den Wandel in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft massiv vorantreiben werden“, prognostiziert die Zukunftsforscherin. Zugleich könnten Digitalisierung und Konnektivität auch Lösungen für akute Probleme unserer Zeit ermöglichen. Ein Beispiel: Der Einsatz von Robotern in der Pflege zur Bekämpfung des Fachkräftemangels. Bei allem Fortschritt gelte es allerdings, auch die Risiken zu sehen: „Die fortschreitende digitale Transformation erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung von Datenschutz, Sicherheit und der Notwendigkeit einer inklusiven digitalen Infrastruktur“, so Mühlhausen.
Megatrends: Indikatoren für komplexe und globale Veränderungen
Während Trends zeitlich und oft auch örtlich begrenzt sind, beschreiben Megatrends komplexe und globale Veränderungen, die über mehrere Jahrzehnte wirken und einen tiefgreifenden Wandel in allen Aspekten des Lebens bewirken. Laut Zukunftsinstitut gibt es klare Kriterien, die Megatrends definieren:
- Dauer von mehreren Jahrzehnten
- Auswirkungen auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens (Ökonomie, Konsum, Median, politische Systeme, Werte, Zusammenleben)
- Globalität, denn die Phänomene lassen sich früher oder später überall auf der Welt beobachten
- Hohe Komplexität und Mehrdimensionalität
Ein weiterer Megatrend, der die Gesundheits- und Sozialwirtschaft nach Einschätzung des Zukunftsinstituts fundamental verändern wird, ist die Neo-Ökologie. Sie geht über Umweltaspekte hinaus und revolutioniert auch unternehmerisches Denken: Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit entwickeln sich zu zentralen Wirtschaftsfaktoren. Dieser Wandel wird maßgeblich auch durch politische und regulatorische Maßnahmen unterstützt, wie beispielsweise den neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft (CEAP) der Europäischen Kommission, die EU-Taxonomie-Verordnung und die sogenannte 7. MaRisk-Novelle.
Gesunde Balance aus Ökonomie und Ökologie
„Die Ausrichtung einer Organisation oder eines Unternehmens ist nur dann zukunftsfähig, wenn sie die Auswirkungen der Neo-Ökologie mitdenkt – das gilt auch in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft“, sagt Corinna Mühlhausen. Die wichtigste Herausforderung, vor der das Gesundheitssystem stehe, sei daher eine gesunde Balance aus Ökonomie und Ökologie: Unternehmen und Organisationen in diesem Sektor sollten verstärkt auf nachhaltige Praktiken setzen – von der Beschaffung von Ressourcen bis zur Integration umweltfreundlicher Technologien. Auch der Reduktion des CO2-Fußabdrucks der Einrichtungen, zum Beispiel beim Nachhaltigkeitsstatus von Bestands- und Neuimmobilien, sollte eine zunehmende Bedeutung beigemessen werden.
Trendradar: Basis für strategische Entscheidungen
Trends können auf unterschiedliche Art und Weise identifiziert werden. Eine Möglichkeit ist die Anwendung eines Trendradars. Auch die Evangelische Bank hat ein Branchentrendradar eingeführt, um entscheidende Trends in der Sozialwirtschaft frühzeitig zu erkennen. Mithilfe des Trendradars können Chancen, Herausforderungen und Risiken erkannt werden, was eine solide Basis für zukünftige strategische Entscheidungen bildet. Weitere Informationen dazu hier: https://ducah.de/trendradar
Die Gesundheits- und Sozialwirtschaft steht aufgrund dieser Anforderungen vor großen Aufgaben: „Nur Organisationen und Unternehmen, die den mit den Megatrends Konnektivität und Neo-Ökologie einhergehenden Wandel verstehen, auf die veränderten Bedingungen reagieren und die Entwicklungen reflektiert mitgestalten, werden den Herausforderungen der Zukunft gerecht werden“, sagt Mühlhausen voraus.
Veränderungen als Chancen begreifen
Dennoch böten die Transformationsprozesse unter dem Strich vor allem Entwicklungs-potenziale: „Wenn wir digitaler und vernetzter werden – und dabei auch unsere Umwelt nicht aus dem Blick verlieren – könnten mehrere wichtige Dinge gleichzeitig gelingen: Prozesse werden erleichtert, beschleunigt oder vollends abgeschafft, zugleich wird eine grünere und fairere Zukunft gestaltet – und in der Gesundheits- und Sozialwirtschaft wird der Dienst am Menschen wieder vermehrt im Mittelpunkt stehen.“ Der Rat der Zukunftsforscherin ist daher eindeutig: „Wir sollten aufhören, Angst vor der Zukunft zu haben und die anstehenden Veränderungen nicht als Herausforderung, sondern als Chancen begreifen.“ Dies gilt wohl für alle Bereiche des Lebens.
Ein weiterer Megatrend, der uns in Zukunft beschäftigen wird, ist New Work. Hierzu ein Lesetipp: Schatten der Zukunft – wie Megatrends die Sozial- und Gesundheitswirtschaft verändern New Work und Innovation. https://www.izgs.de/2023/03/10/schatten-der-zukunft-wie-megatrends-die-sozial-und-gesundheitswirtschaft-ver%C3%A4ndern-new-work-und-innovation/
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