Investments in Rüstung – ethisch vertretbar und nachhaltig?
11. März 2025

Investments in Rüstungsgüter stehen im Spannungsfeld zwischen Sicherheit, Ethik und Nachhaltigkeit. Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine hat sich die Einstellung vieler Menschen dazu stark gewandelt, doch die Diskussion bleibt kontrovers. Auch bekannte Akteure der Finanzwirtschaft wie der BVI Deutscher Fondsverband und der Arbeitskreis Kirchlicher Investoren haben gegensätzliche Positionen.
Investments in Rüstung haben in letzter Zeit hohe Renditen erzielt. So stieg zum Beispiel die Aktie des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall in den vergangenen fünf Jahren um über 1.000 Prozent (Stand 06.03.2025). Besonders seit Beginn des Russland-Ukraine-Krieges haben viele Länder ihre Verteidigungsausgaben erhöht, was sich positiv auf die Aktienkurse von Rüstungsunternehmen ausgewirkt hat.
Auch in der gesellschaftlichen Diskussion spielen seit dem russischen Überfall auf die Ukraine Investments in Rüstung wieder eine größere Rolle und die Einstellung vieler Menschen dazu hat sich gewandelt. Laut einer Umfrage des Vergleichsportals Verivox aus dem August 2024 findet eine Mehrheit der deutschen Anleger:innen Investments in Rüstung moralisch vertretbar. In der Umfrage mit insgesamt 1.016 Personen erklärten 58 Prozent keine Bedenken zu haben, wenn es um Rüstungsinvestments geht. Das ist eine starke Veränderung: Vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine waren Rüstungsinvestments für beinahe ebenso viele Menschen noch inakzeptabel. Das Hauptargument für die ethische Vertretbarkeit von Investitionen in Rüstung ist, dass sie zur Abschreckung und Verteidigung der Demokratie beitragen.

Bedingt eine Notwendigkeit auch eine Nachhaltigkeit?
Immer wieder wird diskutiert, ob konventionelle Rüstung, also Waffen, die nicht durch internationale Verträge geächtet werden, als nachhaltige Investition klassifiziert werden sollten. Durch eine Einstufung als „nachhaltig“ wäre für die Rüstungsunternehmen nicht nur der Zugang zu Kapital erleichtert, indem zum Bespiel der Zugang zu Förderungen und Investitionsprogrammen ermöglicht würden, sondern die Branche erhofft sich dadurch auch eine Verbesserung des öffentlichen Images und Steigerung der Akzeptanz in der Bevölkerung.
Befürworter:innen betonen, dass Investitionen in Verteidigung und Sicherheit notwendig sind, um Frieden und Stabilität zu gewährleisten und so zum nachhaltigen Erhalt unserer Demokratie beitragen. Gegner:innen kritisieren zum Beispiel, dass Waffen und Rüstungsgüter keines der EU-Kriterien für ökologische Nachhaltigkeit erfüllen und signifikanten Schaden verursachen können.
Neben der Klassifizierung der Nachhaltigkeit und der Art der Waffe ist auch der Empfänger entscheidend. Die Exporte der Bundesregierung für konventionelle Rüstungsgüter sind öffentlich im Rüstungsexportbericht der Bundesregierung einsehbar.
In der Frage, ob Waffen als nachhaltig eingestuft werden sollen, gab es bereits einige Meilensteine: Im November 2023 haben die europäischen Verteidigungsministerinnen und -minister in einem Joint Statement die Finanzwirtschaft der EU aufgefordert, Diskriminierungen des Verteidigungssektors abzubauen.
Im Dezember 2024 haben die Verbände der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), der BVI Deutscher Fondsverband und der Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW) eine aktualisierte Fassung ihres gemeinsamen ESG-Zielmarktkonzepts veröffentlicht. Zwar bleiben völkerrechtlich geächtete Waffen darin ausgeschlossen, jedoch entfällt die Mindestanforderung, Investitionen in konventionelle Rüstungsgüter auszuschließen, wenn diese mehr als zehn Prozent des Umsatzes eines Unternehmens ausmachen.
Das ESG-Zielmarktkonzept ist ein gemeinsamer Mindeststandard zur Zielmarktbestimmung, der von den Verbänden der Deutschen Kreditwirtschaft (DK), dem BVI Deutscher Fondsverband und dem Bundesverband für strukturierte Wertpapiere (BSW) entwickelt wurde. Es dient dazu, nachhaltigkeitsbezogene Ziele und Faktoren in die Produktgestaltung und den Vertrieb von Finanzinstrumenten zu integrieren.
„Was Schaden zufügt, kann nicht nachhaltig sein“
Doch es gibt auch klare Gegenpositionen: Der Arbeitskreis kirchlicher Investoren (AKI) lehnt es deutlich ab, Rüstungsinvestitionen in den Kanon investierbarer Assets für kirchliche Anleger:innen aufzunehmen. „Die Produktion von Rüstungsgütern mag in bestimmten Kontexten legitim und ethisch vertretbar sein, doch sie ist nicht nachhaltig“, erklärte Dr. Jörg Mayer, Vorsitzender des AKI beim LebensWert-Treff der Evangelischen Bank in Berlin. Nachhaltigkeit bedeute auch, keinen signifikanten Schaden für Menschen, Infrastruktur oder Natur zu verursachen, und diesem Prinzip widersprächen Waffen grundlegend.
Laut Umfrage stimmen die Investor:innen zu: Auch wenn die Geldanlage in der Rüstungsindustrie eine höhere Akzeptanz erfährt als noch vor einigen Jahren, bleibt die Forderung der Konzerne, als nachhaltig eingestuft zu werden, in der Bevölkerung umstritten. Laut Verivox sind 45 Prozent der Befragten dagegen, dass in nachhaltigen Anlageprodukten auch Unternehmen der Rüstungsindustrie enthalten sein dürfen. Die Befürworter sind mit 41 Prozent knapp in der Minderheit.
Position des Arbeitskreises Kirchlicher Investoren und der Evangelischen Bank
Der Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlage der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) schließt Investments in konventionelle Rüstungsgüter und Waffen aus, wenn diese mehr als fünf Prozent des Umsatzes eines Unternehmens ausmachen. Unternehmen, die in geächtete Waffen investieren, werden in Gänze ausgeschlossen. „Die EKD wird ihren Leitfaden für ethisch-nachhaltige Geldanlagen trotz des Ukraine-Krieges nicht ändern und Rüstungsinvestitionen auch künftig ausschließen“, betonte Mayer. Auch die Evangelische Bank stützt sich bei nachhaltigen Finanzierungen auf den EKD-Leitfaden.
Die Frage, ob Rüstungsgüter ethisch vertretbar sind und als nachhaltig klassifiziert werden können, ist also weiterhin umstritten und wird sicherlich auch vom weiteren Verlauf des Krieges in der Ukraine stark beeinflusst. Für uns als Evangelische Bank ist klar: Die Gewährleistung von äußerer und innerer Sicherheit ist eine wichtige staatliche Aufgabe. Es ist jedoch nicht mit christlichen Werten vereinbar, aus der Durchführung dieser Aufgabe durch Krieg und Leid Rendite zu erzielen. Die Finanzierung von Rüstung muss daher anderweitig erfolgen und kann in unserem Verständnis nie „nachhaltig“ sein!
Mehr zum Thema finden Sie hier: Werte, Krieg und die Suche nach Frieden
Verpassen Sie keine Neuigkeiten — mit dem EinBlick Newsletter!
Sie möchten immer auf dem Laufenden gehalten werden und neue Artikel direkt per E-Mail erhalten? Dann melden Sie sich einfach zu unserem Newsletter an!